Was fällt euch als erstes ein, wenn ihr Frankfurt hört? Mir kommt direkt die Europäische Zentralbank in den Sinn (was vermutlich meinem betriebswirtschaftlichen Studium geschuldet ist), gleich danach der Flughafen, dicht gefolgt von Frankfurter Grüner Soße ☺ Ein komischer Mix, ich weiß. Damit das nicht so bleibt, haben Lutzi und ich uns auf den Weg in die fünftgrößte Stadt Deutschlands gemacht. Einer Stadt, der ich bisher vermutlich nicht so viel Aufmerksamkeit zuteilwerden ließ, wie sie es verdient hat. Das meist angesteuerte Ziel war bisher bei uns definitiv der Flughafen. Doch das wollten wir ändern und haben uns 3 Tage durch Mainhattan, wie die Stadt am Main aufgrund ihrer Hochhäuser scherzhafterweise auch genannt wird, treiben lassen. Überwiegend zu Fuß/auf Rollen oder mit der Straßenbahn. Für mich mit Rollstuhl die entspannteste Art von A nach B zu kommen, da tatsächlich die meisten Haltestellen in der Stadt barrierefrei zugänglich sind.
Theoretisch kannst du auch die U-Bahn nehmen, viele Stationen sind rollstuhlgerecht. Allerdings mangelt es auch in Frankfurt noch an einigen Stationen an (funktionierenden) Aufzügen, darum tendiere ich zur Straßenbahn oder dem Bus.
Frankfurt barrierefrei: Hotel Moxy Frankfurt East
Unser Hotel, das Moxy Frankfurt East, befindet sich etwas außerhalb im Osten Frankfurts. Ein sehr modernes, stylisches und hightechfreundliches Budget-Boutique-Hotel mit Cocktailbar und mehreren rollstuhlgerechten Zimmern, die neben bodengleichen Duschen und Haltegriffen an der Toilette und im Nassbereich, über ausreichend Platz, einer Sofaecke und zwei Fernsehern verfügen. Die Zimmer sind sehr sauber, die Betten unendlich gemütlich, das Personal total freundlich und das Frühstücksbuffet hält allerlei süße und salzige Leckereien bereit. In der Küchenzeile der Grab & Go Area kommt man als Rollstuhlfahrer zwar nicht an die obersten Regale, aber während der Frühstückszeit war immer jemand in der Nähe, der gerne behilflich war. Im Erdgeschoss findet ihr neben dem Frühstücks- und Barbereich gemütliche Aufenthaltsbereiche mit Spielen, Lesestoff und PC-Arbeitsplätzen.
Die Straßenbahnlinie 11 hält direkt vor der Hoteltür mitten auf der Hanauer Landstraße. Der Einstieg geht hier nur über die ausklappbare Rampe. Wem das zu steil ist, kann ein paar hundert Meter weiter an die nächste Station: Riederhöfe. Dort klappt der Einstieg bodengleich, wie an fast allen Stationen in der City selbst.
Cresco
Schönes großzügiges Restaurant, in dem euch mediterran-orientalische Küche serviert wird. Gerösteter Blumenkohl, Shawarma, dreierlei Rote Beete, Hummus & co. stehen auf der Karte. Der Service und die Drinks waren ausgezeichnet, wir hatten einen sehr schönen Abend hier verbracht. Der Zugang ist barrierefrei, eine rollstuhlgerechte Toilette gibt es ebenfalls vor Ort.
Oosten Realwirtschaft
Nur wenige Gehminuten vom Hotel entfernt: das Oosten. Ein Hafen-Lokal im Industrielook, das dank riesiger Fensterfront ein tollen Ausblick Richtung Skyline ermöglicht. Die verschiedenen Stockwerke und auch die rollstuhlgerechte Toilette im Untergeschoss erreicht ihr barrierefrei über einen Aufzug – den Schlüssel dazu erhaltet ihr an der Bar. Egal ob Lounge, Terrasse, Bier- oder Wintergarten, den Blick auf den Fluss und die Schiffe genießt ihr von überall. Die Küche mit saisonalen und internationalen Speisen, bietet neben Fisch- und Fleischgerichten auch einige vegetarische Optionen. Täglich wechselnde Gerichte runden das Angebot ab.
Kleinmarkthalle Frankfurt
Das kleine Herz von Frankfurt und bei mir auch Liebe auf den ersten Biss. Hier kann man nicht nur seinen Wocheneinkauf erledigen, es darf auch ordentlich probiert und geschlemmt werden. Von Montag bis Samstag bieten hier über 150 Marktstände die tollsten Leckereien von frischem Obst & Gemüse, bis hin zu Delikatessen und Gewürzen aus aller Welt. Für was wir uns entschieden haben? Schnitzel mit Kartoffeln und der weltberühmten Frankfurter Grüne Sauce, natürlich. Mega lecker! Die Gänge sind teilweise recht schmal, samstags Mittag ist die Halle zudem gut besucht. Einen kleinen Stopp am Schlawinertisch ist auch mit Lutzi möglich, dennoch sind die meisten Sitzgelegenheiten in der Halle etwas zu hoch. Zum durchrollen und durchprobieren eine wahre Gaumenfreude.
“Gemieß, Kardoffel und was noch all, des kriecht mer hier in dere Hall. und owwe uff der galerie, da möpselts nach fromasch de brie“
Friedrich Stoltze
Moriki
Ich liebe Sushi und Udon Nudeln a la Duc. Normalerweise bekomme ich die nur im 893 Ryotei in Berlin – darum war es für mich klar, dass ich unbedingt ins Moriki muss, sobald ich in Frankfurt bin. Ein Restaurant mit stilvollem Ambiente in dem feinste japanische Kochkunst gezaubert wird, sodass die etwas gehobeneren Preise in jedem Fall zu verschmerzen sind. Der Eingang über die Terrasse hat keine Stufen, eine barrierefreie Toilette gibt es ebenfalls. Einem abwechslungsreichen Essen im Wald (“Mori”) mit asiatischer Lebensenergie (“ki”) steht nichts im Weg.
Palmengarten
Das grüne Paradies am westlichen Stadtrand von Frankfurt. Auf 22 Hektar verteilen sich hier die schönsten subtropischen Pflanzen, Wiesen, Steppen, zwei Weiher und verschiedene Gärten. Auch im Winter ein lohnenswertes Ausflugsziel, um dem Trubel der Stadt zu entfliehen. Im Tropicarium und dem Palmenhaus herrschen kuschelig warme Temperaturen, zu denen kein Pflänzchen frieren muss. Zwischen Riesenstauden und Baumfarnen, einem Bachlauf zu Füßen und einer Grotte voller Aquarien fühlt es sich ein bisschen wie Urlaub an.
Der gesamte botanische Garten ist übrigens barrierefrei zugänglich, hat hauptsächlich feste Wege und einige Häuser haben sogar elektrische Türöffner. Im Palmengarten findet ihr 3 rollstuhlgerechte Toiletten. Rollstuhlfahrer (+ Schwerbehinderte mit GdB ab 80) zahlen keinen Eintritt. Die nächstgelegene rollstuhlgerechte (falls Aufzug in Takt) U-Bahn Station ist: Bockenheimer Warte. Alternativ hält hier auch die Buslinie 16.
Frankfurt barrierefrei: Museen in Frankfurt
Frankfurt am Main zählt mit über 60 kleinen und größeren Museen zu den wichtigsten Museumsstandorten Deutschlands. Viele der prachtvollen Häuser reihen sich am Museumsufer aneinander und bieten eine einzigartige Museumsdichte, Kulisse und Vielfalt. Da fällt natürlich auch die Entscheidung schwer, welches Ausstellungshaus man zuerst besuchen soll. Für unser Wochenende haben wir uns zwei Museen vorgenommen. Eins nach Lorenz´ Geschmack, nämlich das Caricatura und ich habe mir das das Städel Museum ausgesucht.
Caricatura – Museum für komische Kunst
Wie der Name schon sagt, stellt das Caricatura Museum Werke der komischen Kunst aus. Egal ob Texte, Zeichnungen oder Plastiken, bevorzugt von Künstlern der Neuen Frankfurter Schule
, aber auch Sonderausstellungen zeitgenössischer Künstler. Während unseres Besuchs durften wir viel mit und über die Titanic-Ausstellung schmunzeln. Die erbarmungslosen, vor Satire strotzenden Titelblätter eines unabhängigen Magazins, das 40 Jahre kein Blatt vor den Mund genommen hat, waren natürlich genau Lorenz ‘Humor.
Das kleine barrierefreie Museum liegt sehr zentral in der Stadtmitte, direkt hinter dem Frankfurter Dom. Die Ausstellungen gehen über drei Stockwerke, die wie die rollstuhlgerechte Toilette im Untergeschoss, über einen Aufzug zu erreichen sind. Das Caricatura Museum ist auf jeden Fall ein Besuch wert, schon allein wegen dem kleinen Verkaufsraum im Erdgeschoss, in dem man für Mitbringsel aller (komischer) Art fündig wird.
Städel Museum
Das Städel Museum zählt zu den bedeutendsten deutschen Kunstmuseen, das europäische Kunst aus dem 14. Jahrhundert bis heute zeigt. Unter den über 1000 Gemälden, die zurzeit in einer ständigen Ausstellung zu sehen sind, lassen sich einige Schätze der Renaissance, des Barocks, aber auch der Moderne finden. Höhepunkte der Sammlung der ältesten und renommiertesten Museumsstiftung sind Werke von Albrecht Dürer, Francis Bacon, Rembrandt, Monet oder Picasso.
Das Besondere: Die aktuelle Sonderausstellung “MAKING VAN GOGH” im Untergeschoss des Städel Museums, die noch bis zum 16.02.2020 bewundert werden kann.
Bewegungseingeschränkte Besucher oder Familien mit Kinderwägen können den barrierefreien Eingang an der Ostseite des Gebäudes nutzen. Alle Etagen werden über einen Fahrstuhl erreicht. Für Besucher mit einem GdB von 50 oder mehr gilt der ermäßigte Eintrittspreis. Der Eintritt für eine Begleitperson ist frei, wenn im Behindertenausweis ein „B“ eingetragen ist.
Kleiner Tipp: Habt ihr schon vom familienfreundlichen SaTOURDay gehört? Jeden letzten Samstag im Monat bedeutet das freien Eintritt in vielen Frankfurter Museen. In einigen werden dazu spezielle Themenführungen für Erwachsene und Kinder angeboten. Das Programm zu den Angeboten erscheint halbjährlich.
Frankfurt barrierefrei: Stadtführung + Weihnachtsmarkt
Die beste und einfachste Art Frankfurt zu entdecken und dabei noch was zu lernen ist via Stadtführung. Die meisten Routen sind rollstuhlgerecht und wetterunabhängig. Wir haben uns für einen Stadtrundgang durch die neue Altstadt entschieden, vorbei am Römer, dem Dom, der Paulskirche und weiteren sehenswerten Häusern der neuen Altstadt. Die Tour beginnt an der Tourist Information Römer und endet mitten im Getümmel des Weihnachtsmarktes. Besonders positiv sind mir hier die zusätzlichen Gummimatten an den Kabelrampen aufgefallen, die mir als Rollstuhlfahrerin (und sicher auch Kinderwagen) die Überfahrt erheblich erleichtern oder gar erst alleine möglich machen.
Frankfurt barrierefrei: Schifffahrt auf dem Main
Unweit vom Römerberg gelangt ihr zum Mainkai und der Anlegestelle Eiserner Steg. Dank der installierten Rampen habt ihr barrierefreien Zugang auf fast alle Schiffe der Primus Line. Die meisten Schiffe verfügen zudem über eine rollstuhlgerechte Toilette im Erdgeschoss. Da die Schiffe nicht mit Aufzügen ausgestattet sind, kommt man leider nur über Treppen aufs Oberdeck oder ins Untergeschoss. Um sicher zu gehen welches Schiff auf welcher Route eingesetzt wird, würde ich mich am besten vorher anmelden. Viele Eventfahrten starten zu unterschiedlichen Uhrzeiten und haben eine unterschiedliche Dauer, dadurch ergeben sich immer wieder günstige Optionen. Da unser Besuch im Dezember war, haben wir uns für die weihnachtliche Goethe-Kreuzfahrt entschieden. Wir wurden in die Zeit von damals zurückversetzt und durften erfahren, welche für Bräuche und Geschenke es zu Lebzeiten Goethes hatte.
Maintower
Ein krönender Abschluss und für mich sehr lohnenswerter Besuch: der Ausblick vom Maintower. Der Blick auf die Stadt, vor allem abends, wenn sie so schön funkelt: allererste Sahne! Dank Aufzug ist man binnen Sekunden im 55. Stockwerk des Gebäudes und als Rollstuhlfahrer wird man sogar auf eine riesige separate Plattform begleitet, die einen Rundumblick auf die Stadt ermöglicht. Wäre es nicht so bitterkalt und windig gewesen, hätte ich es Stunden mit Lorenz und Karl, einem sehr sympathischen Frankfurter Urgestein mit pfälzischen Wurzeln, aushalten können. Rollstuhlfahrer, die ein B im Ausweis haben, erhalten für sich und ihre Begleitung freien Eintritt.
In der Metropole am Main gibt es noch jede Menge weiterer spannende Aktivitäten, die in der Broschüre „Frankfurt barrierefrei“ zum Nachlesen zusammengestellt wurde. Um Menschen mit Behinderung die Reiseplanung zu erleichtern, wurden hier Angaben über Türbreiten, stufenlose Zugänge, Behindertentoiletten, die Erlaubnis für Blindenführhunde oder spezielle Führungen erfasst. Es kommen immer wieder neue Möglichkeiten und Betriebe dazu, reinschauen lohnt sich! Alle Angebote sind zertifiziert nach dem Kennzeichnungssystem von Reisen für Alle.
Ok, ich muss zugeben, Frankfurt hat tatsächlich mehr zu bieten als auf den ersten Blick ersichtlich. 🙂 Bei deiner Einleitung musste ich schmunzeln, denn ich hatte bisher einen ähnlichen Zugang zu Frankfurt (Flughafen, Würstchen – hier in Österreich heißen sie ja nicht „Wiener Würstchen“ sondern „Frankfurter“ 😀 und das war’s dann auch schon). Diese Vorstellung hat sich erst geändert als ich vor einiger Zeit mal einen Beitrag über Rooftopbars in Frankfurt gelesen hab. Daher kann ich gut nachvollziehen wieso die Stadt den Beinamen „Mainhattan“ hat – es hat schon ein bisschen was von New York. 🙂
Liebe Kim,
das erste was mir zu Frankfurt einfällt ist, dass ich mich immer total verfahre. Erst dann denke ich an Banken und den Palmengarten. Frankfurt ist nicht so meine Stadt. Schön, dass sie so Behindertenfreundlich ist. Nun hat sie einen Pluspunkt bei mir.
Alles Liebe
Annette